Marfan und Schwangerschaft

  • Hallo!
    Meine leider etwas tragische Geschichte hat mich hierher gebracht, und ich hoffe, dass das jemand liest und vielleicht Rat weiß oder sogar Erfahrungen hat.


    Mein Lebensgefährte hatte Marfan. Im Sommer hat er sich einer präventiven Herz OP unterzogen, nach der es zu Komplikationen kam und die Ärzte konnten ihn nicht retten.
    Jetzt stehe ich alleine da, was schon schwer genug ist und habe vor kurzem erfahren, dass ich schwanger bin. Mal abgesehen davon, dass gerade alles sehr unwirklich ist, stecke ich gerade in dem Dilemma, was tun?


    Mein Frauanarzt hat mich darüber aufgeklärt, dass es sinnvoll sein könnte, das Kind über Chorionzottenbisopsie bzw. Fruchtwasserentnahme untersuchen zu lassen, um abzuklären, ob es auch an Marfan leidet oder nicht um dann ableiten zu können, wo und wie es auf die Welt kommen soll.


    Aufgrund der für mich sehr belastenden Situation neige ich eher dazu, keine derartige Untersuchung machen zu lassen, aus Angst, das Kind zu verlieren.
    Jetzt frage ich mich aber, ob es nicht sinnvoll wäre, und ob nicht gegebenenfalls dem Kind entsprechend frühzeitig irgendwie geholfen werden könnte (das Herz speziell überwacht oder gar operiert werden kann??) - deshalb schreibe ich hier und hoffe, dass vielleicht jemand Erfahrungen in dem Bereich hat, aber auch Erfahrungen direkt nach der Geburt - was kann da gemacht werden oder muss unter Umständen gemacht werden?
    Über Antworten würde ich mich sehr freuen.
    Liebe Grüße
    Nickel

  • Hallo Nickel !


    Es tut mir sehr leid, was mit deinem Lebensgefährten passiert ist und ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit. Gerade im Bezug auf die Schwangerschaft.


    Zu der Thematik Marfan kann ich dir leider nichts sagen. Aber ich weiß, das es hier einen Papa gibt der Marfan hat und ich weiß auch von einem Paar hier das die Chorionzottenbiopsie hat machen lassen. Vielleicht können die ja etwas dazu sagen.


    Ich bin absoluter Laie was Marfan angeht (sorry)....aber wenn es erblich ist und sich durch eine FU oder ähnliches feststellen lässt dann würde ich das Risiko wohl eingehen. Genau aus dem Grund den du schreibst....weil man dann im Vorfeld vielleicht schon handeln kann. Ich habe mir in den letzten Wochen auch viele Gedanken über eine FU gemacht, mich aber dann dagegen entschieden weil (mal abgesehen vom Alter) sonst keine Veranlassung besteht. Ich wünsche dir das du die für dich richtige Entscheidung treffen kannst und hoffe, du bekommt hier von den Anderen noch ein paar qualifiziertere Aussagen zu Marfan.

    Schliesse Deine Augen und Du wirst sehen....

  • Hallo Nickel,


    auch mir tut es sehr Leid was dir da passiert ist, ich wünsche dir ebenfalls viel Kraft für die nähere und weitere Zukunft.


    Leider kann auch ich dir in Bezug auf Marfan nicht direkt weiterhelfen. Ich habe dieses Unterforum hier eingerichtet weil sehr viele Marfanpatienten oft auch sehr groß sind und sich die Themen daher überschneiden.


    In deinem konkreten Fall denke ich kann dir die "Deutsche Marfanhilfe" sicherlich besser weiterhelfen als dieses Forum mit Laien. Ich denke die Marfanhilfe hat Kontakte zu spezialisierten Ärzten aber auf jeden Fall mehr Erfahrung mit solchen Fällen.


    Die Marfanhilfe findest Du unter:
    http://www.marfan.de



    Hier ein Zitat aus der Seite der Marfanhilfe:

    Zitat

    Ist einer der Partner vom Marfan-Syndrom betroffen, erkranken die Kinder aufgrund der autosomal-dominanten Vererbung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % ebenfalls am Marfan-Syndrom.


    Direkter Link:
    Fragenbereich: GENETIK / Familienplanung

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    Zwischen Bremen und Neapel, zwischen Wien und Singapore habe ich manche hübsche Stadt gesehen. Städte am Meer und Städte hoch auf Bergen,
    und aus manchem Brunnen habe ich als Pilger einen Trunk getan, aus dem mir später das süße Gift des Heimwehs wurde.
    Die schönste Stadt von allen aber, die ich kenne, ist Calw an der Nagold, ein kleines, altes, schwäbisches Schwarzwaldstädtchen. ...


    ..., und bleibe dann lang auf der Brücke stehen. Das ist mir der liebste Platz im Städtchen,
    der Domplatz von Florenz ist mir nichts dagegen.
    (Hermann Hesse, Nobelpreis für Literatur 1946)


    Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. (Benjamin Franklin)
    Wenn du deine Feinde behalten willst, versuche nicht, sie kennenzulernen. (Campino - Die toten Hosen)
    Great minds discuss ideas; average minds discuss events; small minds discuss people. (Eleanor Roosevelt)
    Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt. (Albert Einstein)

  • Marfan ist sicherlich eine Krankheit, die nicht so einfach ist, jedoch ist es auch nichts was das Leben unwürdig macht. Viele Menschen leben sehr gut damit.


    Ich weiß das ich mich im Zweifelsfall immer für das Kind entscheiden würde. Meine große Schwester war schwerbehindert, und es war für uns ganz normal damit umzugehen. Deshalb war sie nicht weniger liebenswert.


    Jede Frau hat in der Schwangerschaft Angst - vor Marfan, vor Trisomie 21, vor sonstwas. Hör einfach auf Deinen Bauch. Wenn Du die Untersuchung nicht möchtest, dann mach sie nicht.


    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die nächsten Monate. Es tut mir sehr leid das Dir soviel widerfahren ist. Freu Dich auf Dein Kind! Du wirst sicher nach der Geburt ein paar mehr Untersuchungen vornehmen lassen, aber ich denke Du würdest Dich nicht gegen das Kind entscheiden, nur weil die Möglichkeit besteht, das es Marfan haben könnte. Das Ausmaß der Erkrankung kann man anhand dieser Untersuchung nämlich nicht feststellen. Normalerweise wird Marfan auch nur von der Mutter auf das Kind übertragen, nicht vom Vater.


    Toi, toi, toi. Möge alles gut verlaufen und Du ein gesundes Kind zur Welt bringen ;m4-

  • Zitat

    Original von Raubatz
    Normalerweise wird Marfan auch nur von der Mutter auf das Kind übertragen, nicht vom Vater.



    Auch wenn ich kein Fachmann bin, aber da muss ich glaube ich widersprechen.
    Ich kenne mindestens zwei Personen mit Marfan die es vom Vater vererbt bekommen haben.

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    Zwischen Bremen und Neapel, zwischen Wien und Singapore habe ich manche hübsche Stadt gesehen. Städte am Meer und Städte hoch auf Bergen,
    und aus manchem Brunnen habe ich als Pilger einen Trunk getan, aus dem mir später das süße Gift des Heimwehs wurde.
    Die schönste Stadt von allen aber, die ich kenne, ist Calw an der Nagold, ein kleines, altes, schwäbisches Schwarzwaldstädtchen. ...


    ..., und bleibe dann lang auf der Brücke stehen. Das ist mir der liebste Platz im Städtchen,
    der Domplatz von Florenz ist mir nichts dagegen.
    (Hermann Hesse, Nobelpreis für Literatur 1946)


    Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. (Benjamin Franklin)
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  • Hallo !


    Erst einmal vielen Dank für eure Antworten!
    Eine Abtreibung käme für mich überhaupt nicht in Frage - aber das kam es noch nie, seit ich mich vor Jahren damit beschäftigt hatte, wie sowas abläuft und was da passiert - für mich waren die Bilder die es da gibt einfach zu grausam. Eine Behinderung ist zwar was anderes, aber ich weiß aus Erfahrungen und bin auch der Überzeugung, dass ein Leben deswegen nicht lebensunwert wird.


    Vielen Dank für den Verweis auf die Marfan Hilfe - dorthin habe ich mich dann auch gleich gewandt.


    Also bei meinem Rainer war es so, dass er das Marfan von seinem Vater geerbt hat, und seine Großmutter hatte es auch - so vermutet man. Sein Vater starb mit 37, ebenfalls nach einer OP, die Großmutter wurde etwas über 50 Jahre alt - wobei ich das nicht so genau weiß. Rainer war 28. Rainers Schwester leidet nicht an Marfan.
    Über die verschieden starken Ausprägungen muss ich mich auch noch informieren - danke für den Hinweis.


    Liebe Grüße
    Nicole

  • Hallo,


    es tut mir leid und ich möchte dir hiermit ebenfalls viel Kraft für die kommende Zeit wünschen ...


    Ich möchte versuchen, dir ein paar vielleicht hilfreiche Tipps zu geben, da ich
    a) selber an Marfan leide
    b) ein 26 Monate altes Kind habe
    c) ich selber vor einem Jahr eine künstliche Aortenwurzel erhalten habe


    Vorab möchte ich jedoch unbedingt darauf hinweise, dass es sich hierbei nur um Erfahrungen meinerseits handelt und ich kein Arzt bin. Genaue Informationen erhältst du nur von einem Spezialisten!


    Grundsätzlich ist Marfan eine Erbkrankheit die sowohl von Mann und Frau an Kinder (beider Geschlechter) weitervererbt werden kann. Eine eindeutige Diagnose kann nur anhand einer genetischen Untersuchung vorgenommen werden. Hierzu empfehle ich eine genetischen Beratungsstelle (in einem Beratungsgespräch wird die prozentuale Wahrscheinlichkeit einer Vererbung ermittelt und du kannst dir deine Fragen in einem persönlichen Gespräch beantworten lassen – habe hier sehr gute Erfahrungen gemacht). Sollte Marfan festgestellt werden, bekommst du weitere Informationen, welche Untersuchungen notwendig sind und wo du diese durchführen kannst.


    Grundsätzlich sind jedoch die folgenden Untersuchungen zu empfehlen:
    - regelmäßige Untersuchung von Herz (speziell die Herzklappen und Herzinnenwände) und Aorten
    - bei Kindern ebenfalls eine baldige Untersuchung beim Orthopäden (hier sollte auch auf eine evtl. Trichterbrust geachtet werden)
    - regelmäßige Untersuchung der Augen (Netzhaut)


    In der Regel richtet sich die Häufigkeit der Untersuchungen nach der Stärke der Krankheit bzw. dem Durchmesser der Aorta bzw. Dichtigkeit der Herzklappe. Meine Erfahrung ist, dass eine Operation nur durchgeführt wird, wenn diese auch notwendig ist. Desweiteren ist nicht nur die Untersuchung wichtig sonder der Verlauf (z.B.: ist eine etwas geweitet Aorta nicht gleich ein Grund für eine Operation wenn der Durchmesser gleichbleibend ist – große Menschen haben durchaus einen etwas weiteren Durchmesser).


    Behandlungsmaßnahmen: in der Regel werden Medikamente zur Blutdrucksenkung (Betablocker) verabreicht. Die Krankheit ist leider nicht heilbar aber diese Medikamente entlasten zumindest die Gefäße durch einen etwas niedrigen Blutdruck.


    Hoffe, mit diesen Infos etwas weiterhelfen zu können.


    Grüße
    Zwerg73




    Zitat

    Normalerweise wird Marfan auch nur von der Mutter auf das Kind übertragen, nicht vom Vater.


    diese Aussage ist definitiv nicht korrekt - bitte keine Vermutungen!

    2 Mal editiert, zuletzt von zwerg73 ()

  • Zitat

    Original von zwerg73



    diese Aussage ist definitiv nicht korrekt - bitte keine Vermutungen!


    Sorry, aber diese Aussage habe ich vor 3 Jahren bekommen, als ich mit einer Freundin zur Beratung war.

  • Hallo !
    Vielen Dank Zwerg - für deine ausführliche Antwort.
    Wie ist das jetzt bei deinem Kind, wenn ich fragen darf? Und was habt ihr während der Schwangerschaft gemacht? Oder was wurde da gemacht?
    Und hast Du vielleicht Erfahrungen darüber, ob - falls während der Schwangerschaft etwas in Richtung Herzfehler festgestelklt worden wäre - eine OP im Mutterleib möglich gewesen wäre ......???


    Natüßrlich weiß ich, dass es sich bei euren Beiträgen nur um Erfahrungen handelt - aber aus diesen Erfahrungen kann ich viel ziehen, denn es macht mich aufnerksamer und es hilft mir die richtigen Fragen zu stellen beim Arzt und sorgt dafür, dass ich weniger übersehe. DANKE!


    Also zu der Gengeschichte - ich habe gelesen, dass Marfan autosomal dominant vererbt werden würde - das heißt, dass Merkmal sitzt nicht auf einem der beiden Geschlechtschromosom - somit müssen sowohl Mann als auch Frau es weiter geben können.


    Gruß
    Nicole

  • Hallo,


    wir haben die Untersuchungen erst in diesem Jahr (die ersten) durchführen lassen und es ist alles in Ordnung.


    In der Schwangerschaft haben wir keine spezielle Untersuchung durchgeführt. Das Herz wurde bei den Kontrollen abgehört und es wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Marfan bedeutet auch nicht gleich einen Herklappenfehler oder sonstiges. Die meisten Probleme kenne ich bisher nur in Verbindung der Gewebeschwäche und einer erweiterten Aorta. Dier Herzklappen in Folge dieser Aortenerweiterung betroffen (Klappen sind nicht mehr richtig dicht.


    Ich denke eine OP im Mutterleib wird nur bei schweren Herzerkrankungen durchgeführt - haben uns aber auch diesbezüglich keine großen Gedanken gemacht.


    Ich würde empfehlen bei der Vorsorgeuntersuchung eine Herzuntersuchung speziell auf Marfan anzusprechen.


    Gruß
    Zwerg73

  • Hallo ihr alle,


    endlich habe ich in all dem Trubel mal wieder Zeit hier zu schreiben - die letzten Wochen waren nicht gerade einfach - aber was ist derzeit schon einfach.
    Inzwischen habe ich Kontakt zu einer Ärztin aufgenommen, die einige Erfahrungen mit Marfan hat - sie konnte mich beruhigen und stellte auch klar fest, dass wenn es vom Vater keine Genanalyse gibt, was die Suche nach dem defekten Gen erleichtern würde, ist es sehr unwahrscheinlich weder bei Corionzotten noch bei einer Fruchtwasseruntersuchung wirklich herauszufinden ob das Kind an Marfan leidet oder nicht. Schließlich handle es sich dabei im Wesentlichen um eine Verschleißerscheinung, die erst im Laufe der Zeit sichtbar wird - regelmäßige Kontrollen sind also angesagt.


    Ich bin ganz froh, dass diese Argumente meine Entscheidung gegen diese Untersuchungen unterstützen.
    Euch nochmals allen herzlichen Dank !
    Viele liebe Grüße
    Nicole

  • Hi Nicole,
    wenn du dich definitiv gegen eine Abtreibung entschlossenhast, dann macht die angedachte Untersuchung ja auch keinen Sinn. Bei Menschen mit Marfan-Syndrom gibt es solche, die man schon auf den ersten Blick zu erkennen scheint - andere wiederum sind sehr unauffällig. Dennoch haben beide das gleiche Risiko in Bezug auf die Symptome.
    Heutzutage haben Menschen mit Marfan-Syndrom eine fast normale Lebenserwartung, jedenfalls wenn man das statistisch sieht. Das aber nur, wenn eine konsequente und rechtzeitige Behandlung erfolgt und einige Verhaltensregeln befolgt werden. Es gibt einige (wenige) Zentren, die schon viele Marfan-Patienten gesehen und behandelt haben. Dort ist man als Betroffener sicher gut aufgehoben.
    Ich wünsche dir alles Gute!
    klara