In der aktuellen "Großen Glocke" (Offizielles Mitteilungsblatt des KLUB LANGER MENSCHEN (KLM) DEUTSCHLAND e.V.) Ausgabe Nr. 132, ist folgender Bericht zu lesen.
Darin auch einige Erfahrungsberichte die aus diesem Forum stammen.
Nach Absprache mit der Redaktion darf ich diesen Bericht hier nochmals veröffentlichen.
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>>> „Dr. Lang“ berichtet:
Bremstherapie mit Hormonen bei Großwuchs
Von Fritz Kolkmann, Redaktionsteam
In meinem Bericht in der GG Nr. 131 zu Großwuchs von Kindern hatte ich auch die Bremstherapie mit Hormonen kurz beschrieben. Das hat zu einem Kommentar einer Leserin geführt, die eine solche Therapie über sich hat ergehen lassen müssen und die die Nebenwirkungen als recht problematisch beschrieb, sogar nicht weiter dazu Auskunft geben wollte. Auf ihre Anregung hin habe ich (über das in GG Nr. 131 Beschriebene hinaus) zu Methode und vor allem zu Nebenwirkungen recherchiert und ein paar Kommentare in Foren dazu gesichtet.
Wie funktioniert die Methode 1,3 ?
Wachstumshormone regulieren das Knochenwachstum in den „Wachstumsfugen“ der Knochen. Hochdosierte Sexualhormone stimulieren die Knochenreifung, greifen in wachstumsrelevante Hormonsysteme ein, hemmen die Zellteilung.
Die Fugen verknöchern und das Wachstum wird vorzeitig gestoppt. Man kann also durch Gabe von hochdosierten Östrogenen bei Mädchen (Tabletten) bzw. Testosteron bei Jungen (Spritzen) über einen Zeitraum von üblicherweise ein bis über zwei Jahren das Ende der Pubertät „vorverlegen“ und damit die zu erwartende Endgröße um bis zu 7 cm reduzieren. Dazu wird die 10-fache Menge der natürlichen Hormone verabreicht. Nach dem Stopp der Behandlung ist aber noch ein Wachstum von bis zu 2 cm zu erwarten.
Voraussetzungen 1:
Ärzte werden die Hormontherapie in der Regel nur dann erwägen, wenn die Endlängenprognose bei Mädchen > 185 cm, bei Jungen > 205 cm beträgt. Es muss aber jeder Fall individuell bewertet werden. Die Kinder werden sinnvollerweise nur vor dem Eintritt der Pubertät behandelt, sollten also unter 13 Jahre alt sein (es gilt hier das „Knochenalter“ aus Röntgenaufnahmen). Außerdem sollten sie gesund (d. h. frei von Syndromen, die zu Großwuchs führen können und auch u. a. frei von Fettleibigkeit, Nikotinmissbrauch, Diabetes, hohem Blutdruck, Thromboseneigung) sein. Je früher gestartet wird, desto größer ist der Erfolg.
Nebenwirkungen 1,2,3:
Wie schon in der GG 131 beschrieben greift die Gabe von Sexualhormonen in Wachstums und Pubertätsverlauf von gesunden Kindern/Jugendlichen massiv ein, beschleunigt die biologische Uhr und macht aus einem Kind zügig einen voll pubertierenden Jugendlichen. Entsprechend bilden sich die Verhaltensänderungen und körperlichen Zeichen früh und schnell aus. Im Allgemeinen wird die Therapie gut vertragen. Es ist aber bekannt, dass Gaben von Sexualhormonen Auswirkungen auf bestimmte Stoffwechselvorgänge haben können. Bei Mädchen werden hauptsächlich Gewichtszunahme und vorübergehend und in mildem Maße Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen beschrieben, bei Jungen starke, behandlungsbedürftige Akne und Abnahme des Hodenvolumens. Häufig wird berichtet, dass Frauen mehr Schwierigkeiten bekamen, schwanger zu werden. Bei Jungen können sich störende Brustdrüsen ausbilden.
Die Auswirkungen auf die Spermienqualität ist noch Thema weiterer Forschung, ebenso eine mögliche Krebserkrankung der Brust. Dazu kommen selten noch andere Symptome wie Wassereinlagerung bei Jungen oder Thromboseneigung bei Mädchen.
Kritiker der Therapie sehen als weitere Folge von Östrogengabe auch Migräne, Schlafstörungen oder Depressionen. Einige Patienten berichten auch, dass das Größenwachstum einiger Körperteile anhält wie Arme oder Ohren, die trotz Therapie weiterwachsen und den Körper unproportioniert aussehen lassen.
Erfahrungsberichte 2,3:
In Internet-Foren tauschen Eltern und (ehemalige) Patienten ihre Bedenken, Hoffnungen und Erfahrungen zu der Bremstherapie aus. Leider ist, wie in Foren üblich, auch jeder Unsinn dort ein zustellen und es werden tendenziell eher Gegner ihre Meinung kundtun. Anbei eine kleine Auswahl aus der großen Menge der Beiträge über die letzten Jahre:
- Kucki (weiblich) 17.11.2011: Habe vor 33 Jahren „Hochwuchstherapie“ durchgemacht ... Hormonbehandlung bei unseren Kindern kommt für uns auf jeden Fall nicht in Frage ... Habe durch die Hormontherapie in 8 Wochen 20 kg zugenommen, plötzlich Brust bekommen ... Rückblickend möchte ich sagen, dass es für die Ärzte ein „experimentieren“ war.
- Gaucholin (männlich) 20.07.2012: Ich bin froh, dass ich gestoppt wurde ... Nebenwirkungen gab es bei mir keine, außer einer harmlosen ... Krankheit, durch die ich die Knie 1/2 Jahre nicht belasten konnte.
- Bonnerstern (weiblich) 01.08.2012: Als Kind medikamentöse Behandlung durchgemacht ... plötzlich mit Allergien und Neurodermitis zu kämpfen und mit verschiedenen anderen Krankheiten.
- Betzi (weiblich) 11.06.2013: Es ist nicht eine Nebenwirkung ... eingetreten, ich würde es jederzeit wieder machen.
- Arielle (weiblich) 13.04.2006: Eine Nebenwirkung war bei mir meine Haut. Zu viele Hormone sind für die Haut auch nicht gut.
- Trine (weiblich) 02.09.2009: Das hochdosierte Hormon hatte bei mir die Folge, dass meine Knochen nicht mehr so stabil sind und ich innerhalb von drei Jahren sieben Ermüdungsbrüche hatte.
- Emoll (männlich) 14.08.2014: Ich hatte keine Nebenwirkungen und die Therapie schlug sehr gut an.
- Angdance (weiblich) 14.08.2014: Tochter nahm über drei Jahre dreimal täglich Tabletten. Nebenwirkungen: 7 kg Gewichtszunahme, gelegentlich Kopfschmerzen ... Sie ist durch die regelmäßigen Hormongaben einfacher durch die Pubertät gekommen und hatte weniger unter Stimmungsschwankungen und unreiner Haut zu leiden.
- Dandelion (männlich) 10.11.2011: Meine Statur ist ein „Zwerg auf Stelzen“, meine Beine sind 1,20 m lang ... Physische Einschränkungen (aus der Hormontherapie) kann man nicht mehr beheben.
Fazit: Großwuchs ist in der Gesellschaft eigentlich ganz gut akzeptiert, zumindest bei Knaben. In manchen Fällen entstehen daraus Vorteile. Wichtiger: Die Kinder sind nicht krank, sondern nur ungewöhnlich groß. Daher sollten Eltern Nutzen und Nebenwirkungen einer Bremstherapie auch mit Blick auf den Eingriff in die Entwicklung der Kinder gut abwägen. Ausführliche Beratung und Abstimmung mit den Ärzten sowie verlässliche Messungen zu einer genauen Endlängenprognose sind unerlässlich.
Quellen:
1) z. B. Haamberg et al., Paedriatica, Vol. 27, Nr. 1, S. 24 (2016) und Weimann, Monatsschr. Kinderheilkd., Heft 9, S. 818 (2000)
2) Foren http://www.tallbook.de und http://www.langes-forum.de: darin „Medikamentöse Therapie des konstitutionellen Hochwuchses" und „Sammlung von Erfahrungsberichten ..."
3) https://hey-sister.de/wachstumsstopp-durch-hormontherapie