Die Behandlung
---------------
Mir wurde erklärt, daß mittels Verabreichung des Geschlechtshormons Östrogen (bei Jungs ist es Testosteron) der Lauf der biologischen Uhr beschleunigt und so dafür gesorgt wird, daß das Wachstum schneller abgeschlossen wird. Sobald die endgültige Geschlechtsreife erreicht ist hört der Körper auf zu wachsen.
Die Hormonkur ist in allen Einzelfällen unterschiedlich erfolgreich. Die behandelten Kinder werden 10 – 15 cm weniger gross als ohne Hormone. Auch erklärte der Arzt, dass ich evtl. bis zu vier Jahre lang täglich diese Östrogen-Tabletten schlucken müsse. Ich sollte mir bewusst sein, das hierdurch die Menstruation früher ausgelöst (meine Tage wollte ich eh´ unbedingt haben) und evtl. mit einer Gewichtszunahme zu rechnen ist. Los, her mit dem Zeug, aber pronto !
Andere Nebenwirkungen könne man auch nie ganz ausschließen, auch wenn in den vierzig Jahren, in denen diese Behandlung möglich ist, noch keine festgestellt wurden.
Bei der Hormontherapie verschließen sich die Wachstumsfugen der Knochen vorzeitig und stoppen so das Längenwachstum. Um effektiv wirken zu können, sollte die Therapie bei Mädchen vor dem 13. und bei Jungen vor dem 14 Lebensjahr begonnen werden. Ich kam also gerade noch rechtzeitig und glaubt mir, ich hätte fast alles getan um nicht 2,08 m groß zu werden !!
Dann wurden die Einzelheiten der Behandlung besprochen. Mir wurden die Präparate „Progynon“ und „Primolut“ verordnet. Da der Beginn der Therapie zwischenzeitlich fast 20 Jahre her ist, weiß ich nicht ob es diese Medikamente heute noch gibt. Aber sicherlich welche mit ähnlichen, evtl. verbesserten Wirkstoffen. Diese Tabletten (ich weiß es noch wie heute) waren winzig klein und in kleinen braunen Glasflaschen untergebracht. Ich musste jeweils 21 Tage lang eine Sorte nehmen und anschließend 8 Tage die andere. Jeweils eine abends vor dem Schlafengehen. Ähnlich wie die Antibabypille.
Abgesehen von dem allerersten Tag der Einnahme, an dem ich nur gebrochen habe und mir sterbenselend war, hatte ich keinerlei Nebenwirkungen. Der Doc bestätigte meiner Ma auf telefonische Nachfrage, das dies normal und kein Grund zur Sorge wäre.
Kurz darauf bekam ich dann auch meine erste Periode und nach und nach eine frauliche Figur (jippieh, ein Busen) wenn ich auch immer noch recht dünn war.
Die ganze Therapie dauerte drei Jahre in denen ich unter regelmäßiger ärztlicher Aufsicht stand. So wurden alle 6 Monate in der Uniklinik meine Blutwerte untersucht und meine Wachstumsfugen überprüft. Auch musste ich regelmässig und früher als andere Mädchen zum Gynäkologen der meine Gebärmutter und Eierstöcke ´beobachtete`. Es wurden jedoch niemals irgendwelche negativen Befunde während oder nach der Behandlung gestellt.
Mein Fazit
----------
Während der Therapie bin ich dann noch ca. 1o cm gewachsen (innerhalb von drei Jahren) und war dann mit noch nicht ganz 16 Jahren 1,83 m also endlich ausgewachsen.
Ein für mich superbefriedigendes Ergebnis, wenn man daran denkt, daß ich auch mit Therapie noch um einiges länger hätte werden können. Ich bin sehr, sehr glücklich, daß meine Eltern damals mit mir die Wachstumsambulanz aufgesucht und sich, in Absprache mit mir, für diese Therapie entschieden haben. Besonders für ein Mädchen bzw. später eine Frau ist es nicht schön sehr groß zu sein. Mit meiner Grösse kann ich zwischenzeitlich sehr gut leben. Auch wenn es mir heute noch passiert, das ich ab und zu einen blöden Spruch bekomme. Aber heute kann ich darauf mit einer passenden Antwort reagieren (Na Lange, wie ist die Luft da oben ? Antwort: Es stinkt nach Zwerg !)
Natürlich gibt es auch jetzt noch Momente wo mich meine Größe nervt z.B. beim Klamotten kaufen. Hosen sind grundsätzlich zu kurz, Ärmel ebenso. Lange Wickelröcke oder Sommerkleider bis zum Knöchel muss ich in „Spezialgeschäften“ für Überlängen ordern, damit ich nicht aussehe als wäre ich aus den Plörren rausgewachsen.
Auch die Partnerwahl / -suche ist nicht immer einfach gewesen. Viele (nette) Männer sind einfach kleiner als ich ...
Aber das sind Kleinigkeiten die mich inzwischen eher belustigen als bedrücken. Heute kann ich auch mit meiner Größe kokettieren und darüber lachen.
Meine Bitte
-----------
Liebe Eltern die ihr ein Mädchen habt, welches schon im zarten Alter zwischen 8 und 12 Jahren, auffallend viel grösser ist als seine Klassenkameraden und Freunde. Sucht eine Wachstumsambulanz in Eurer Nähe, evtl. in einer Uni- oder Poliklinik auf und lasst austesten, wie lang das Kind voraussichtlich werden wird. Sollte die Größe im Rahmen bleiben, braucht ihr ja nichts zu unternehmen.
Sollte sich herausstellen, daß das Mädchen sehr groß wird, schreitet bitte ein. Es ist eine Qual und echte psychische Belastung, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Beschützt Euer Kind davor.
Kontaktadresse in und um Düsseldorf
-----------------------------------
Heinrich-Heine-Universi tät
Wachstumsambulanz / Kinderklinik
Universitätsstraße 1
40225 Düsseldorf
Fernsprechsammelnummer (0211) 81-00
Fernschreiber 8 587 348 uni d
Telefax (02 11) 34 22 29
http://www.uni-duesseldorf.de
Für Interessierte aus andern Regionen, gibt die Wachstumsambulanz in der Kinderklinik der Uni Düsseldorf gerne Auskunft über weitere Institutionen diese Art.
Hier kann auch übrigens auch kleinwüchsigen Kindern ebenso geholfen werden !
Für alle die bis hierher durchgehalten haben: 1.000 Dank für Euer Interesse.
Ich weiß, daß dies ein Thema ist, das nur wenige Menschen betrifft, aber gerade diese kleine ´Minderheit` liegt mir sehr am Herzen. Vielleicht kennt Ihr ja jemanden, dem Ihr mit dieser Meinung helfen könnt.
In diesem Sinne grüsst das kleine Hüttilein