Besinnliche Weihnachten

  • Besinnliche Weihnachten oder Wie diskrimiere ich mich selbst

    1. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

    Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß unsere
    Firmen-Weihnachtsfeier am 20.12. im Argentina-Steakhousestattfinden wird. Es wird eine nette
    Dekoration geben und eine kleine Musikband wird heimelige Weihnachtslieder
    spielen. Entspannen Sie sich und genießen Sie den Abend... Freuen Sie sich
    auf unseren Geschäftsführer, der als Weihnachtsmann verkleidet die
    Christbaumbeleuchtung einschalten wird! Sie können sich untereinander gern
    Geschenke machen, wobei kein Geschenk einen Wert von 20 EUR übersteigen
    sollte.

    Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine besinnliche Adventszeit.

    Tina Bartsch-Levin
    Leiterin Personalabteilung



    2. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

    Auf gar keinen Fall sollte die gestrige Mitteilung unsere Türkischen
    Kollegen isolieren. Es ist uns bewußt, daß Ihre Feiertage mit den unsrigen
    nicht ganz konform gehen: Wir werden unser Zusammentreffen daher ab sofort
    "Jahresendfeier" nennen. Es wird weder einen Weihnachtsbaum oder
    Weihnachtslieder geben.

    Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine schöne Zeit.

    Tina Bartsch-Levin
    Leiterin Personalabteilung



    3. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

    Ich nehme Bezug auf einen diskreten Hinweis eines Mitglieds der Anonymen
    Alkoholiker, welcher einen "trockenen" Tisch einfordert. Ich freue mich,
    diesem Wunsch entsprechen zu können, weise jedoch darauf hin, daß dann die
    Anonymität nicht mehr gewährleistet sein wird...Ferner teile ich Ihnen mit,
    daß der Austausch von Geschenken durch die Intervention des Betriebsrats
    nicht gestattet sein wird: 20 EUR sei zuviel Geld.

    Tina Bartsch-Levin
    Leiterin Personalforschung


    7. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

    Es ist mir gelungen, für alle Mitglieder der "Weight-Watchers" einen Tisch
    weit entfernt vom Buffet und für alle Schwangeren einen Tisch ganz nah an
    den Toiletten reservieren zu können. Schwule dürfen miteinander sitzen.
    Lesben müssen nicht mit Schwulen sitzen, sondern haben einen Tisch für
    sich alleine. Na klar, die Schwulen erhalten ein Blumenarrangement für ihren
    Tisch.

    Endlich zufrieden?

    Tina Bartsch-Levin
    Leiterin Klappsmühle



    9. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

    Selbstverständlich werden wir die Nichtraucher vor den Rauchern schützen
    und einen schweren Vorhang benutzen, der den Festraum trennen kann, bzw. die
    Raucher vor dem Restaurant in einem Zelt platzieren.

    Tina Bartsch-Levin
    Leiterin Personalvergewaltigung


    10. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER


    Vegetarier! Auf Euch habe ich gewartet! Es ist mir scheißegal, ob´sEuch
    nun paßt oder nicht: Wir gehen ins Steakhaus!!! Ihr könnt ja, wenn Ihr wollt,
    bis auf den Mond fliegen, um am 20.12. möglichst weit entfernt vom
    "Todesgrill", wie Ihr es nennt, sitzen zu können. Labt Euch an der
    Salatbar und freßt rohe Tomaten! Übrigens: Tomaten haben auch Gefühle, sie schreien
    wenn man sie aufschneidet, ich habe sie schon schreien hören, ätsch
    ätschätsch!

    Ich wünsch Euch allen beschissene Weihnachten, besauft Euch und krepiert !!!!!

    Die Schlampe aus der dritten Etage


    14. Dezember

    AN: ALLE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

    Ich kann sicher sagen, daß ich im Namen von uns allen spreche, was die
    baldigen Genehsungswünsche für Frau Bartsch-Levin angeht. Bitte
    unterstützen Sie mich und schicken Sie reichlich Karten mit Wünschen zur guten
    Besserung ins Sanatorium. Die Direktion hat inzwischen die Absage unserer Feier am
    20.12. beschlossen. Wir geben Ihnen an diesem Nachmittag bezahlte Freizeit.

    Josef Benninger
    Interimsleiter Personalabteilung

    Diskutiere nie mit einem Idioten. Er zieht Dich auf sein Niveau herrunter und schlägt Dich in Erfahrung.


    Ich bin wahrhaftig nicht Ihrer Meinung. Aber ich werde mich bis zuletzt dafür schlagen, daß Sie sie vertreten können. (Voltaire)

  • Der Weihnachtsmann heißt jetzt X-Man!


    Wie Weihnachten in den letzten Jahren im Internet
    gezeigt hat, heißt Weihnachten nicht mehr Weihnachten,
    sondern Christmas, geschrieben:
    "X-Mas".
    Also muß der Weihnachtsmann auch "X-Man" sein. Da
    Christmas 2005 quasi schon vor der Tür steht, ist es
    jetzt höchste Zeit, mit der Weihnachtsvorbereitung zu
    beginnen ... verzeihung ... es muß natürlich heißen:
    das diesjährige Weihnachtsrollout zu starten und die
    Christmas-Mailing-Aktion just-in-time vorzubereiten.


    Hinweis: die kickoff-Veranstaltung - früher "1. Advent"
    genannt - für die diesjährige Saint-CROS (Santa-Claus-
    Road-Show) fand bereits am 01. Dezember statt.
    Erstmals haben wir ein Projekt-Status-Meeting
    vorgeschaltet, in dem eine in Workshops entwickelte
    to-do-Liste und einheitliche Job-descriptions erstellt
    wurden. Dieses Meeting diente zugleich dazu, mit dem
    Co-Head Global-Christmas-Markets
    - früher Knecht Ruprecht - die Ablauf-Organisation
    abzustimmen, die Geschenk-distribution an die
    zuständigen private-schenking-Center sicherzustellen
    und die Zielgruppen klar zu definieren. Die Service -
    Provider - Engel, Elfen, Rentiere - wurden bereits
    via conference-call virtuell informiert und die core-competences
    vergeben.
    Der Vorschlag, jedem Engel einen Coach zur Seite zu
    stellen, wurde aus Budgetgründen zunächst gecancelled.
    Statt dessen wurde auf einer zusätzlichen
    client-management-conference beschlossen, in einem
    Testmarkt als Pilotprojekt eine Hotline (69 Cent pro Minute)
    für kurzfristige Weihnachtswünsche einzurichten. Es
    erscheint als Flyer, ergänzt um einen Newsletter für das
    laufende Updating. Ferner wurde durch intensives
    Brainstorming ein Konsens über das Mission-Statement
    gefunden.
    Es lautet:"let´s keep the candles burning" und ersetzt
    das bisherige "Frohe Weihnachten". X-Man - früher
    Santa-Claus, noch früher der Weihnachtsmann - hatte
    zwar anfangs Bedenken angesichts des
    corporate-redesigns, akzeptierte aber letztlich den
    progressiven consulting-Ansatz und würdigte das
    know-how seiner investor-relation-manager.


    Mit freundlichen Grüßen
    CEO Dr. J. Christus von Bethlehem


    Die Schule macht die Entfremdung zur Vorbereitung auf das Leben, und so spaltet sie Erziehung von Wirklichkeit ab und Arbeit von Kreativität. Indem die Schule die Notwendigkeit lehrt, belehrt zu werden, bereitet sie auf die entfremdete Institutionalisierung des Lebens vor.


    Ivan Illich (1926-2002)